In der Alten Kirche Mochenwangen gibt es zurzeit außergewöhnliche Bilder zu bewundern. Siegbert Maier, gebürtig aus und auch wohnhaft in Weingarten, hatte auch schon andernorts in der Region ausgestellt, in die Alte Kirche kam er mit seinen Bildern jetzt durch die Ermunterung durch seinen Mochenwangener Künstlerkollegen Gerhard Hillmayr. Siegbert Maier hatte schon als Kind den Drang zur Malerei, erlernte nach seiner Schulzeit aber den Elektrikerberuf, und blieb diesem im Prinzip auch ein Berufsleben lang treu. Die Malerei aber ließ ihn nie ganz los und jetzt, im beruflichen Ruhestand, kann er sich seiner Kunst ausgiebig hingeben.
Seine Bilder sind durchweg Aquarelle, nur erkennt man dies auf den ersten Blick überhaupt nicht, höchstens bei seinen Frühwerken der Landschaftsmalerei, von denen auch ein paar Exemplare in der Ausstellung zu sehen sind. Die überwiegende Zahl von Bildern stellen Gräser aller Arten dar, flüchtig hingeschaut könnte man sie in ihrer Exaktheit zunächst für gut gestaltete Farbfotografien halten. Siegbert Maier hat dafür eine möglicherweise auf der Welt einmalige Maltechnik entwickelt: Auf dicken Karton als Grundlage malt er unter Verwendung von stark wässriger Farbe erst einen Hintergrund, dies kann flächig einfarbig oder farbverlaufend sein, gelegentlich findet man auch Streifenmuster nach der Art eines Gardinen-Stores vor. Wenn dies vollkommen durchgetrocknet ist, werden mit langhaarigem Flachpinsel Grashalme in einem Zug, mal exakt gerade, mal in elegantem Bogen darüber gemalt. Räumlich erscheinen diese auf dem Bild, weil der Künstler dazu den Pinsel vorher immer links in hellere und rechts in dunklere Farbe taucht. So wirken die Bilder auch immer wie im Lichteinfall von der linken Seite. Während der Flachpinsel bei den Halmen schmal übers Bild gleitet, geht er aus dem Halm heraus erst in die Breitseite über und dreht dann langsam wieder zurück, wenn es gilt für Gräser typisch lanzettförmige Blätter aufs Bild zu bringen. Auch hierbei arbeitet der Künstler mit starker Wasserverdünnung der Farben, und dies hinterlässt sowohl längs der Halme als auch der Blätter dann naturgetreue Längsstreifen: „Vertreibungstechnik“ nennt Siegbert Maier diese von ihm entwickelte Methode; eigentlich eine Weiterentwicklung der chinesischen Tusche-Malerei, aber während sich diese auf wenige Elemente beschränkt, kann ein Maiersches Grasbild schon einmal aus bis zu tausend Einzelpinselstrichen entstanden sein. Deutlich weniger Pinselstriche sind es allerdings auf Maiers Bambus-Bildern: Mit breitem Rundpinsel entstehen hier über die ganze Bildhöhe mit einem einzigen Pinselansatz Bambusstangen, kurze Stopps und wechselnder Druck auf den Pinsel lassen getreu der Natur die bambus-typischen Knoten entstehen.
Ideen zu seinen Bildern holt sich Siegbert Maier in der Natur: Er prägt sich die optischen Eindrücke so gut ein, dass er zuhause dann möglichst originalgetreue Bleistiftskizzen anfertigen kann. Erst dann geht es über die Wahl und das Mischen der Farben, um bestimmte Stimmungen ins Bild zu bringen, freilich auch mit der dem Künstler zustehenden künstlerischen Freiheit, ans Werk wie oben beschrieben; und dies tut Siegbert Maier mit Freude und großer Leidenschaft. Er schließt jedoch nicht aus, sich demnächst eventuell malerisch auch neuen Motiven zuzuwenden: Vielleicht könnten es Fossilien sein, solche sammelt er schon seit längerem, auch mit Leidenschaft.
Die wunderschönen Grasbilder kann man in der Alten Kirche Mochenwangen noch am kommenden Samstag und Sonntag jeweils 14 bis 17 Uhr bewundern. Bei Gefallen kann man sie auch kaufen.